Spielbericht: SW Harburg – Union III

Runde 8 in der Bezirksliga B zeitigte nun den lange erwarteten Show-down zwischen dem Tabellenletzten SW Harburg 1 mit keinen und dem – vorletzten Union Eimsbüttel 3 mit immerhin schon vier Mannschaftspunkten. Obendrein hatte Montag und Dienstag die Konkurrenz sogar mit einer knappest möglichen Niederlage bzw. einem Unentschieden für uns gespielt, so dass wir dadurch mit einem Sieg am Donnerstag gleich zwei Plätze hätten überspringen können.

Außerdem traten wir hinten vermeintlich ersatzverstärkt mit drei Kandidaten in Heimfeld an, deren durchschnittliche DWZ von jeweils rund 1.600 uns auf viele Punkte hinten hoffen ließ. Selbst die Tatsache, dass SW Harburg auf der eigenen Homepage vor ein paar Wochen seinen Abstieg vorzeitig bekannt gegeben hatte, sollte eher für total demotivierte Gegner sprechen, kampflose Punkte womöglich inklusive. Aber bekanntlich sind angeschlagene Boxer oft am gefährlichsten.

Bisweilen liebt man das Spiel mit dem Feuer. Wenn einer eine Reise tut, wird diese nicht immer gut. Also brachen erneut mein Trainerkollege Uwe Börner und ich erst gegen 18:20 Uhr im Oberhaus des ETV auf. Natürlich hatte ich mir wieder die beste Route vorab angeschaut, wählte auch eigenständig die korrekte Autobahn und konnte mich sogar auf das große Versprechen meines geliebten Beifahrers verlassen, nichts zu sagen, was zumindest die Fahrstrecke betraf.

Dass wir beide schließlich sogar pünktlich ankamen, hatte ich stattdessen im Grunde genommen meinem Kapitän schon Wochen vorher zu verdanken; denn ich erzählte Jörg nach meinen Problemen bei der letzten Auswärtsfahrt nach Pinneberg euphorisch, das nächste Spiellokal sehr gut zu kennen, da ich erst vor wenigen Monaten auswärts in der Stadtliga dort ausgeholfen hätte. Das wäre Diagonale gewesen, nun wäre hingegen Schwarz-Weiß Harburg der Kontrahent.

Offensichtlich überwog bei meinem Kumpel weiterhin mangelndes Vertrauen, so dass er in zwei Rundmails ans Team extra noch erwähnte, wir würden nicht bei Diagonale, sondern bei Schwarz-Weiß Harburg spielen. Okay, ich gebe es zu: Ohne Jörgs Hilfe wäre ich wohl tatsächlich beim falschen Club gelandet, zumal sich mein Copilot wirklich nicht in meine PKW-Variante einmischte.

Unser Brett 5 war erwartungsgemäß am schnellsten fertig. Völlig überraschend jedoch erzielte unser diesmaliger Youngster Wsewolod Antonov ein Remis gegen einen weit über 300 DWZ-Punkte stärkeren Routinier. Herzlichen Glückwunsch!

Zehn Minuten später kurz nach 21 Uhr war ich selbst am Spitzenbrett plötzlich genauso fertig, und zwar mit der Schachpartie und den Nerven, weil ich mich, unglaublich, aber leider wahr, einzügig mattsetzen ließ. Es tut mir leid. Mir fiel daraufhin nichts Besseres ein, als den Ort der Schande schnurstracks und leider auch ziemlich wortlos sofort wieder zu verlassen, sorry. Ich hoffe trotzdem seitens meines Teams auf ein wenig Verständnis für meine nicht gerade sehr vorbildliche Kurzschlusshandlung, wenigstens passend zu einer Kurzpartie.

Zwar erörterte ich in meiner Funktion als 1. Jugendwart vorab mit meinem Kassenwart, der erstmals in dieser Saison für uns in Harburg aushalf, dass die Vorstandssitzung am Vorabend sehr lange dauerte und daraus der Genuss etwas zu vieler leckerer Kaltgetränke resultierte, deren Folgen wir beide 24 Stunden später im wunderschönen Hamburger Süden leider immer noch etwas spürten. Trotzdem lasse ich persönlich diesen Umstand nicht als Ausrede gelten.

Im Gegenteil beobachteten wir Trainer vor nicht einmal zwei Monaten beim Wilhelmsburger Elbinsel-Pokal 2025, dass viele unserer Schachkinder, allen voran unsere neunjährige, chinesische Nachwuchshoffnung, des öfteren nicht einzügig mattsetzen konnten, von einzügigen Materialgewinnen mal ganz zu schweigen. Also übte ich seither erbarmungslos übrigens nicht nur im Unioner Kindertraining, sondern zusätzlich, um meine Trainingsplanung zu erleichtern, genauso im Konkurrenzverein und in meinen aktuell vier Schulen, in denen ich die Schach-AG leite, ständig mittels Übungszetteln „Matt in einem“, was mich beim Korrigieren eigentlich selbst auf diesem Sektor äußerst fit machen sollte.

Die verständlichen Beschwerden der Jugendlichen, ob ich nicht bitte bald andere Übungszettel präsentieren könne, wusste ich schlau zu kontern. Zur Sicherheit hätte ich sogar „Matt in zwei“ dabei. Und nach den Sommerferien könnten wir vielleicht endlich das Mega-Projekt „Matt in drei“ starten.

Mittags bahnte sich mein abendliches Unglück irgendwie an, was ich sogar abergläubisch kommentierte. In der Stadtteilschule Stellingen wollen häufiger die Jugendlichen unbedingt mal gegen mich antreten. Übungszettel nebenbei zu kontrollieren, vor allem aufzupassen, dass die meisten, zudem teilweise total pubertierenden, 12- / 13-jährigen sich etwas mit Schach beschäftigen oder doch zumindest leise sind, wenn sie sich notfalls zum Beispiel um meine diversen Ausmalbilder kümmern, u. a. selbstverständlich ein superhübscher Springer, lenkt alles sicherlich ab. Trotzdem muss ich mich natürlich nicht von Rune, ziemlich respektlos, wenngleich wenigstens verspätet, schäfermatt setzen lassen.

Am frühen Abend dann bat ich genauso Arjen vergeblich darum, nicht überall mein Desaster wenige Stunden zuvor herumzuerzählen, weil ich ansonsten bald bestimmt arbeitslos werden würde. Schließlich sollte ich mir allerdings mal so langsam genauso die Frage stellen, ob ich im Nachhinein den richtigen Beruf gewählt habe. Zumindest erwies sich meine mittägliche Vorahnung als eine so genannte sich selbst erfüllende Prophezeihung.

Gegen 22 Uhr gab ich dann schon zuhause meine Partie im Computer ein und konnte immerhin befriedigt feststellen, entgegen eigener Wahrnehmung nie klar besser gestanden zu haben und somit keinen vollen, sondern nur einen halben Punkt verschenkt zu haben. Vor einem Jahr hatte ich gegen den jungen Mann zudem ebenfalls verloren, er ist und bleibt halt mein Angstgegner.

Kurz vor Mitternacht standen schon sämtliche Ergebnisse im Netz, und ich konnte erkennen, dass unser allgemeiner Trend in dieser Saison bestätigt wurde. Die erneuten 50 Prozent von uns drei Trainern vorn sind in Ordnung. Unserem einzigen Gewinner an diesem Abend, Jörg Nielsen, meine herzliche Gratulation!

Der berüchtigte rote Faden setzte sich ebenso an den hinteren beiden Brettern fort, wo Union 3 nämlich zum wiederholten Male am 5. Juni leider nur 25 Prozent der maximal möglichen Punkte erzielen konnte. Selbstverständlich ist dabei dem quasi um die Ecke (in Neugraben) wohnenden Günter Kaiser kein Vorwurf zu machen, weil Unions Ersatzmann am letzten Brett dem insgesamt stärksten Harburger Spieler des Abends, genauso ein zudem 150 DWZ-Punkte besserer Ersatzmann, ein glorreiches Unentschieden abtrotzen konnte.

Im Gegensatz zu unseren zwei Aufstiegen in den letzten beiden Jahren liegt unsere ehemals so starke Mittelachse 2025 weiterhin im Trend und konnte mit 1/3 Punkten die Niederlage nicht mehr abwenden, die uns somit in Heimfeld anheim fällt, in Zahlen aus unserer Sicht 3:5. Natürlich ist es enttäuschend, dass der Schachclub Schwarz-Weiß Harburg nach zuvor sechs Niederlagen én suite ausgerechnet gegen uns mit einer gewissen Ergebniskosmetik beginnt.

Als einziger Trost verbleibt uns aber zum Glück noch eine allerletzte Ausfahrt (sozusagen „Pinneberg-Nord“ in Anspielung an einen früheren Artikel), indem wir im endgültigen Abstiegsduell der 9. Runde am 3.7. als weiterhin Vorletzter gegen den Drittletzten Eidelstedt inzwischen allerdings gewinnen müssen, um vielleicht doch noch unseren Klassenverbleib in der Bezirksliga B pünktlich zum Saisonabschluss der HMM 2025 feiern zu können. Wo steigt die Party?

Ming-Xi hat ständig und stetig mit stoischer Ruhe die Übungszettel bearbeitet. Bisweilen fragte ich mich, ob es an der berühmten asiatischen Höflichkeit läge oder sie es tatsächlich nicht merkte, dass ich ihr manchmal einige identische Exemplare sogar zwei- bis dreimal unterjubelte. Doch immer mal wieder ein paar Fehler zwangen mich dazu. Inzwischen hat die kleine Zaubermaus ihre unheimlich vielen Lektionen auf diesem Gebiet vermeintlich gelernt, wenn ich die absolut richtigen Ergebnisse ihrer letzten Übungszettel jedenfalls zugrunde lege. Ihr individuelles Trainingskonzept zu diesem Themenkomplex erfordert somit in meinen Augen momentan keine weiteren Maßnahmen mehr.

Liebe Schachkinder, damit Ihr Euch auf die nächsten Trainingsdonnerstage freuen könnt, sei aus aktuellem Anlass darauf hingewiesen, dass der Workshop „Matt in einem“ nun plötzlich leider trotzdem noch um vier Wochen verlängert werden muss. Spaß und Erfolg werden mir am Ende hoffentlich Recht geben.

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