Vor dem Auswärtsspiel beim Pinneberger Schachclub hatten wir zunächst das strukturelle Problem zu lösen, an den ersten drei Brettern uns Trainer aufgestellt zu haben, unser Jugendtraining allerdings bis 18:30 Uhr noch leiten zu müssen bzw. auch gern zu wollen. Wie sollte es anders sein? Ausgerechnet am 8.5.2025, Morphy und Murphy sei Dank, kamen mit sensationellen 27 wahrscheinlich so viele Kinder und Jugendliche zum Schachtraining, wie wohl noch nie zuvor in der zumindest jüngeren Geschichte des Schachklubs Union Eimsbüttel.
Trotzdem verließ Jörg Nielsen, zumal er bekanntlich erster Mannschaftskapitän von Union 3 ist, notgedrungen leider schon gegen 17:45 Uhr das Oberhaus des ETV, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln, unseren Nachwuchsspieler Nikita im Schlepptau, die Reise gen Nordwesten anzutreten.
Uwe Börner und ich dagegen beendeten erst einmal unser Jugendschachtraining, übergaben an den weiterhin vor Ort weilenden vierten Jugendcoach Jan Oliver Juds die restliche, alleinige Verantwortung, um weniger als eine halbe Stunde vor Partiebeginn in Eimsbüttel mit dem Auto überhaupt loszufahren.
Als ich meinem Beifahrer stolz erzählte, mir über Google bereits alles vorab angeschaut zu haben, somit auf der A 23 zunächst einmal bis „Pinneberg-Mitte“ fahren zu wollen, bemerkte unser Eimsbütteler Urgestein lapidar, ich könne genauso eine Abfahrt früher nehmen. Das wäre sogar noch kürzer und schneller.
Okay, ich gehorchte ganz brav, als mein Copilot mich schließlich aufforderte, die Autobahn zu verlassen, allerdings nun sogar zwei Abfahrten früher, so dass ich in Halstenbek und genauso Rellingen bei herrlichem Sonnenschein nicht nur einige Baumschulen, sondern zudem noch entspannt und beglückt blühende Landschaften bestaunen konnte. Es sei alles kein Problem, immer geradeaus, ganz einfach, wurde mir von der Seite ruhig und beschwichtigend erklärt.
Naja, er würde in Eidelstedt ergo nicht weit weg von Pinneberg wohnen, kenne sich deshalb in dieser Ecke bestimmt sehr gut aus, warf ich zu meiner eigenen Beruhigung ein. Viel besser noch, er hätte dort sogar mal eine Freundin gehabt, wäre somit ganz oft in Pinneberg unterwegs gewesen, kenne es deshalb wie seine Westentasche. Wir würden aber jetzt wohl zehn Minuten länger brauchen.
Endlich in Pinneberg angekommen sollte ich in Richtung Bahnhof fahren, wo sich inzwischen allerdings einiges verändert hatte, viel gebaut worden war, wie Uwe bass erstaunt feststellen musste. Ich traute mich nicht mehr, danach zu fragen, wie lange das mit der Pinneberger Freundin eigentlich her sei. Ich möge jedenfalls weiter an den Gleisen entlang fahren, wir müssten nur auf die andere Seite. Als wir plötzlich am Hafen waren, meinte der Senior jedoch kleinlaut, ich sollte vielleicht doch lieber umkehren und via Hochstraße die Schienen queren. „Na gut“, dachte ich, „dann sind wir eben zwanzig Minuten zu spät.“.
Mittlerweile teilte mir Uwe mit, es gäbe allerdings in und um den Fahltskamp herum mehrere Kirchen. Als wir die korrekte Straße entlang fuhren, bemerkten wir, schon längst die Einbahnstraße zu weit gefahren zu sein. Also noch einmal im Kreis herum stellten wir fest, dass zu allem Überfluss ausgerechnet der Beginn eine Fußgängerzone ist.
Eine weitere Ehrenrunde später stellten wir das Auto somit in der Nähe ab und gingen den Rest zu Fuß, wurden von Jugendlichen dabei natürlich in die falsche Richtung geschickt, mussten nochmals fragen, kehrten also um, erreichten zehn weitere Minuten später tatsächlich überglücklich sogar die korrekte Straße und hatten nur noch die Hausnummer 14 zu suchen, was uns überraschend schnell gelang. Letztlich kamen wir aber aufgrund der vielen Nebenvarianten rund eine Dreiviertelstunde zu spät im Gemeindehaus der St. Michaelis-Kirche an.
Neben unserem 14-jährigen Nachwuchstalent Nikita Kümmerlen erzielten wir drei Trainer vorn ebenfalls ein Remis. Held des Abends aus Unioner Sicht war unser einzige Sieger, der Ersatzmann Jörg Holzhausen. Die übrigen drei Unioner legten hingegen, wenngleich leicht verspätet, nur noch Ostereier ins Nest, so dass wir am Ende 3:5 verloren. Schon kurios: da in der Bezirksliga B stets eine Mannschaft spielfrei ist, kletterte Union 3 trotzdem nach dieser 6. Runde vom vorletzten zurück auf den drittletzten Platz, was dem angestrebten Klassenerhalt gleich käme. Immerhin konnten wir ja drei zusätzliche Brettpunkte verbuchen.
Uwe war übrigens auf dem Rückweg nicht mehr an Bord meines Autos, aber wirklich nur, weil er so früh fertig und schon los war. Jörg Nielsen hingegen erschien zwar als erster, beendete nach mir aber als letzter Spieler unseres Teams erst gegen Mitternacht seine Partie, als in beiderseits hochgradiger Zeitnot sein Kontrahent schlichtweg ein Dauerschach forcierte. Somit nahm ich nicht nur meinen Kapitänskollegen, sondern zusätzlich meinen, mehr oder weniger, Nachbarn Nikita in meinem Kleinwagen mit.
Dass natürlich die Auffahrt „Pinneberg-Mitte“ gesperrt war, leitete trotzdem keine weitere Odyssee ein, zumal mich die Hinfahrt gestählt hatte und obendrein unser Teenie sofort auf seinem Handy zur Sicherheit Google Maps öffnete. Jörg als früherer Taxi- und ich als damaliger Kurierfahrer (des Monats!) konnten weitere Expertisen beisteuern, so dass ich schon nach einer nur halbstündigen Rückfahrt Jörg an der U-Bahnstation „Hoheluftbrücke“ und im Anschluss unseren Youngster vor seiner Wohnung in Hoheluft-Ost absetzen konnte.
Trotzdem bin ich heilfroh, dass wir bereits nächste Woche in Runde 7 wieder ein Heimspiel haben. Danach folgt in Runde 8 übrigens das letzte Auswärtsspiel dieser Saison in Harburg. Lieber Uwe, ich nehme Dich selbstverständlich gern wieder im Auto mit, möchte Dir allerdings nicht versprechen, dann nochmals etwaigen Vorschlägen zur Verbesserung der Route unbedingt Folge zu leisten…
Thomas, Du warst Kurierfahrer? Deinetwegen wurde also das Fax-Gerät erfunden. Tja, und die Freundin in Pinneberg… , da gerät man eben ins träumen, da denkt man zurück an Lagos, Bangkok, Murmansk und die Pfade verschwimmen vorm Auge und führn uns zurück in die Tage, als die Damen noch… Lassen wir das.
Worum ging es gerade? Egal.
Schöne Story, Thomas!
Cheers! Man sieht sich.